Stadt der Königin

Stadt der Königin

Wir sind inzwischen am südlichsten Punkt unserer Reise angekommen und können berichten: Die Antarktis ist gefühlt gleich um die Ecke. Temperaturmässig. Durch den frühlingshaft blauen Himmel schieben sich die Novemberwölkchen (oder sollen wir lieber sagen: Mai-Wölkchen, damit das Bild für Euch stimmt?). Ein nicht sehr maihafter Wind bläst über den See und im Hotelzimmer herrschen mangels Heizmöglichkeit ebenfalls antarktische Temperaturen. Kurz: Wir sind im tiefsten Süden. Queenstown heisst der Ort, der auf der Nordinsel für sehnsuchtsvolle Blicke sorgt. Das Paris oder London Neuseelands sozusagen. 

Wir entscheiden uns für ein dolce far niente – wie im Süden eben-  und steigen auf einen supermodernen Katamaran, den nur wenige Fahrgäste beehren. Die Horde der Touristen quetscht sich lieber auf dem uralten Dampfschiff „Lady of the Lake“ – Baujahr Titanic, aber dank fehlender Eisschollen immer noch in Betrieb.

Queenstown liegt am Lake Wakatipu und wurde im 1862 von William Rees gegründet, der mit seinem Bruder hierherkam und eine Wollfarm aufziehen wollte. Da es an dieser wahnsinnig engen Bucht nur für einen Farmer Platz hatte, warfen sie eine Münze. William gewann und blieb. Der andere zog weiter. Als man kurz darauf im Arrow River Gold fand, restrukturierte sich William und wandelte seine Wollfarm in ein Hotel um.. Es entstanden Pubs, Hotels, Campings, Supermärkte. Die Stadt expandierte so schnell, dass sie sich bald der Königin für würdig hielt und 1863 daher ihren Namen erhielt.

Jetzt schürft niemand mehr nach Gold. Man jettet über den See, oder fliegt darüber hinweg, gezogen von einem Motorboot, das ihr unten rechts mit der Lupe entdecken könnt.

Man tuckert mit dem Schiff herum und sieht sich Berge und noch mehr Berge an. 

Oder man schlendert den Beach entlang. Es herrscht eine Stimmung wie an einem Ski-Ort in der Hochsaison. Queenstown hat gerade mal 29’000 Einwohner und vermutlich eine halbe Million Touristen. Alle Tische sind besetzt. Die Leute liegen leicht bekleidet auf dem Geröll am Strand und schlecken Eis. Die Bebbin erwägt, ihre Fleece-Jacke auszuziehen. Auf das Eis verzichtet sie, weil in der  angesagtesten Eisdiele der Stadt die Warteschlange zwei Mal um den Block geht. Schade eigentlich.

Da das Getümmel am Beach too much ist, ziehen wir uns dezent zurück und gehen zum Kiwi Park. Denn noch hat die Bebbin die Hoffnung nicht aufgegeben, den Landesvogel zu sehen, wenn nicht zu fotografieren. Ihr wisst ja, leider.

Wie Ihr Euch denken könnt, dürfen wir uns zuerst noch ein paar andere beinahe ausgestorbene Vögel ansehen, wobei der Blöckflötenspieler durch Abwesenheit glänzt. Dafür haben wir für Euch das eine oder andere Exemplar vor die Linse bekommen. Einen Kea zum Beispiel.

Oder die Waldtaube, die wir in Nelson, im Zentrum Neuseelands, in den Bäumen rascheln gehört hatten. Diesmal entkommt sie uns nicht. Wie dieser beinahe truthahngrosse Vogel es schafft, sich ohne Bruchlandung auf einen Ast aufzuschwingen, ist uns ein Rätsel. 

Dann natürlich Papageien. Wie dieses Exemplar hier heisst, ist uns Vogelbanausen leider entfallen.

Und dieser hier, der Tuatara, der erst mit 20 Jahren geschlechtsreif geworden ist und junge 50 Jahre alt ist. Ein äusserst seltener Vogel. Einer seiner Mitbewohner ist übrigens 120 Jahre alt und hat zwei Freundinnen. Beide gut 50 Jahre jünger, aber das macht nichts. Er kann immer noch und sie können auch. 

Und dann, der Grund unseres Besuchs. Ihr werdet es kaum glauben: Die Bebbin hat ihn nach einer geduldigen Viertelstunde im Dunkeln endlich gesehen! Es waren sogar ganze zwei davon. Es ist kein Scherz. Und weil man ihn nicht wie jeden normalen Vogel auf dieser Welt abknipsen kann, falls man ihn sehen sollte, haben wir den Kiwi bei einer netten herzerwärmenden Show eben auf diese Weise für euch verewigt. 

Auch wenn sein Kleid aussieht, als hätte er es von einem Hochlandrind geklaut und es sich auch so anfühlt, so sind das tatsächlich Federn. Es ist auch kaum zu glauben, aber die arme Kiwi-Mutter muss ein 450 g schweres Ei im Leib tragen und damit bis zu 20% ihres Körpergewichts mit sich herumschleppen. Danach muss der Vater an die Arbeit. 85 Tage lang darf er brüten. Das Gute daran ist, dass der Nachwuchs bereits nach ein paar Wochen auszieht und die Eltern endlich Zeit für sich haben.

Diese beiden bunten Stars wollen wir Euch auch nicht vorenthalten. Für eine Leckerei sind sie zu allem bereit, insbesondere knapp über die Köpfe der Zuschauer hinweg von einem Betreuer zum anderen zu fliegen. So schnell ist unsere Kamera leider nicht, dass wir sie im Flug hätten erwischen können.

Und dann kommt der Feind Nummer 1 des Kiwis und damit der ganzen Nation. Ein gar nicht seltener Vogel, ein Räuber sondergleichen: Das Opossum. Leider dürfen ihn die Bebbin und die anwesenden Kinder nicht streicheln. Denn trotz seines Rattengesichts und des hinterhältigen Blicks ist dieser Bösewicht irgendwie putzig. Ausrottungsprojekte haben noch keinen definitiven Erfolg gebracht, obwohl überall auf den Inseln Fallen aufgestellt sind. Sein Fell wird übrigens im ganzen Land verkauft. Ein Wintermantel aus Opossumfell? Die Bebbin bezweifelt, dass sie einen solchen ungeschoren durch den Schweizer Zoll schleusen könnte.

Alles in Allem war Queenstown ganz gut, auch wenn die Ski-Saison erst in einem halben Jahr eröffnet wird und der See mit seinen erfrischenden 10°C für die Bebbin und den Meenzer ein kleines bisschen zu kühl zum Baden ist. Aber wie Ihr ja wisst, haben wir die Tauchausrüstung ohnehin zuhause gelassen.

Und jetzt geht es in nordwestliche Richtung weiter, zu den neuseeländischen Alpen.

 

3 Gedanken zu „Stadt der Königin

  1. Wie immer sehr beeindruckt der Bilder, vor allem finde ich gefallen an den Seen und der umliegenden Natur. Und ja, erfreulich auch habt ihr ein paar mehr Tiere abgesehen der Kühe entdeckt🙏. Gutes Weiterziehen euch und wisst, dass ich schon freudig den nächsten Bericht erwarte☺️💁‍♀️

  2. Als selbst ernannter „Vogelspezialist“ kann ich das natürlich nicht unbeantwortet lassen: Der grüne Sittich, mit rot und gold auf der Stirn, ist ein Springsittich. Wie sein Verwandter, der Ziegensittich (beide meckern ganz schön), welcher eine ausschliesslich rote Stirn und aufweist und etwas grösser ist, gehört er den Laufsittichen an. Soviel zum Thema Vögel, mit bestem Dank für die im Allgemeinen sehr schönen Fotos.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert