Das Tor zur Hölle

Das Tor zur Hölle

Unser nächstes Ziel heisst Rotorua. Ein sehr übersichtlicher Ort an einem langestreckten See, aber es ist nicht der See, der die Touristen aus aller Welt anzieht. Die dortige Küche ist es auch nicht. Und die Architektur ebenfalls nicht, ausser man findet Häuser spannend, die wie umgebaute Garagen mit farbigen Holzfassaden versehen aussehen.. Nein, es ist ganz was anderes. 

Das erste, was uns in die Nase sticht ist: Der Gestank nach faulen Eiern. Warum die Leute sich hier niedergelassen haben, bleibt der Bebbin schleierhaft. Der Meenzer aber weiss es sofort:“Klar. Schwefel ist gut für die Atemwege.“ Aha. Die Bebbin erwägt ein paar Atemzüge lang, den Wohnsitz hierher zu verlegen. Vielleicht brauchen sie bei der Immigration auch noch Leute, die mehr als eine Sprache sprechen? Deutsch zum Beispiel oder Französisch. Naja, so wie es bisher aussah, wäre Chinesisch oder Japanisch wohl gefragter. Und der Geruch… Also die Sache mit der Wohnsitzverlegung kann noch etwas warten.

Für einen gesunden Kurzurlaub ist das Städtchen aber perfekt. Ein paar Kilometer nur und schon eröffnen sich euch ganz andere Dimensionen. Je nach Perspektive, das Tor zur Hölle (für die Ängstlichen) oder zum  Paradies (für die Geo-Wissenschaftler). Die Sache mit der Hölle hat einen kleinen Haken – wie jede Hölle vermutlich. Denn zwei Höllen konkurrieren miteinander und natürlich haben wir aus der fernen Schweiz die falsche gebucht.

So werden wir zusammen mit einem Bus voll Besuchern aus allen Kontinenten an ein paar Tümpel vorbeigeschleust und ehrlich gesagt: Wenn der völlig unzuverlässige grösste Geysir der südlichen Halbkugel alles gegeben hätte, dann … aber es ist eben der falsche Zeitpunkt. Dafür haben wir was fürs Auge. Einen kochend heissen Schlamm-Pool, in den keiner einen Fuss setzen würde, den aber eine der englischen Königinnen tatsächlich einmal besucht haben soll.

Schlammformationen und einen herrlich blauen Pool – Baden nicht empfohlen.

Dann sehen wir zum ersten und vermutlich letzten Mal einen echten Kiwi. Den Vogel meinen wir, denn dieses Vorzimmer zur Hölle betreibt auch eine Art Vogelwarte für Kiwis. Leider darf man nicht fotografieren, denn Kiwis sind nachtaktiv und lichtempfindlich. Es ist stockdunkel und alles, was die Bebbin ehrlich sagen kann, ist: Sie hat seinen Schnabel gesehen, weil er im Vergleich zum braunen Gefieder und der dunklen Umgebung wie eine Neonröhre durch die Nacht geleuchtet hat. Zum Trost gibt es einen ausgestopften Kiwi

Nach den Tümpeln dürfen wir uns eine kurze Vorstellung von Maori-Tänzen und -Musik ansehen. Die Sprache hat rein von der Anordnung der Buchstaben her Ähnlichkeiten mit der sländischen Sprache. Während diese Sprache nur Konsonanten verwendet, benutzt die maorische Sprache fast nur Vokale.  Wozu man ein ganzes Alphabet benötigt, wenn es auch anders geht, fragt sich die Bebbin.

Wir sind von der Kraft und Energie der Kriegstänze und der Gesänge beeindruckt. Die Bebbin ist sich sicher. Sie hätte den Unterschied zwischen einem Willkommens-Tanz und einem Hau-ab-Tanz nicht auf Anhieb erkannt und hätte sich an James Cooks Stelle sicherheitshalber eine andere Insel ausgesucht. Der hat den Unterschied auch nicht verstanden und hat hier deshalb ein trauriges Ende gefunden.

Aber jetzt geht es zum echten Tor zur Hölle. Den Begriff hat Bernhard Shaw geprägt, den es auch mal hierher verschlagen hatte. Die Landschaft erinnert uns an Island. Es qualmt und stinkt. Tümpel blubbern, das Wasser hat einen Ph-Wert von 2, genug, um jemanden spurlos verschwinden zu lassen. „Danger“ steht an jeder Ecke. „Führen Sie Ihre Kinder an der Hand!“

Ein weiser Rat, denn die Bebbin hätte wahnsinnig Lust gehabt, die Stabilität des Bodens jenseits des Wegrandes zu testen, und als der Meenzer zum dritten Mal nein sagt, beschränkt sie sich damit, neben einer lauschigen Bank mitten in dieser Mondlandschaft, versuchshalber an einer gelbgefärbten Stelle zu kratzen. O weia. Das, was wie Stein aussieht, zerfällt unter ihren Fingern wie eine Sandburg. Und auch der graue Stein weiter hinten hält garantiert nicht, was er verspricht.

Das Tor zur Hölle ist auf Sand gebaut. Und kann uns jederzeit unter den Füssen wegbrechen. Erstaunlich ist, dass in dieser prähistorischen Landschaft dennoch was wächst.

Zwischen den tintenschwarzen Schlamm-Löchern, zwischen Sodom und Gomorrah, den dampfenden Klippen und dem Kessel des Teufels

finden wir Erholung in einem seltsam verträumten Wäldchen mit Bäumen, die mit weichen Flechten überwachsen sind und Farn, das aus schwarzen Baumstämmen wächst.

 

Diesen finden wir auch bei unserem Spaziergang im Redwood Forrest, bei dem wir uns anschliessend von der beeindruckenden aber  trostlosen Höllenwelt erholen.

Märchenhaft ist der Wald. Die Bäume ragen hoch über unseren Köpfen in den Himmel, der kaum mehr zu sehen ist. Und natürlich muss die Bebbin nah ran. Nein, sie reisst keine Rinde ab, versprochen. Unter der Hand fühlt sich diese weich an, fasrig wie Bast. Und genau diese Hülle ist es, die den Bäumen einen ganz besonderen rötlichen Touch verleihen. 

Trotz des unvergleichlichen Duftes, der in diesem Städtchen in der Luft liegt, wären wir nun doch gerne ein bisschen länger geblieben. Aber wir haben einen Termin mit einer mächtigen Gestalt, die nicht mit sich spassen lässt. Um wen es sich handelt, verraten wir im nächsten Artikel.

 

 

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