Wer sucht, der findet …
Heute hängen die Wolken tief über die Berge und unseren Myvatn, dem Mückensee, der Wind pfeift uns um die Ohren und kommt vom Meer. Genau dorthin wollen wir aber. Denn es ist Whale Watching-Tag und darauf freuen wir uns. Warm eingepackt, den Voucher sicher in der Tasche, fahren wir das Tal hinunter zum Städtchen Husavik und zum Hafen.
Gleich beim Aussteigen merken wir: Der Wind pfeift auch hier fürchterlich um unsere Ohren, Nieselregen gesellt sich dazu und deshalb erstaunt es uns nur halb. Die Tour, alle Touren, sind bis auf Weiteres abgesagt. Um es vorwegzunehmen: Wir entscheiden uns für den morgigen Ausflug, gleiche Zeit und verschwinden zum Aufwärmen ins Wal-Museum. Im Nu sind zwei Stunden vorbei, so spannend ist die Ausstellung aufgebaut und ist der Film über die Buckelwale.
Nur unsere überzähligen Schichten Kleider jagen uns aus dem Museum in die erfrischende Kühle eines typischen isländischen Sommers. Es regnet gerade nicht. So fahren wir gemütlich die Küste entlang, springen hie und da aus dem Auto, denn ein paar Fotos müssen noch her, bewundern die Brandung und sind froh, dass der Kapitän klüger war als wir.
Wie wärs also mit einem Foss? Dort, wo noch vor einigen Jahren ein Erdbeben einen neuen See erschaffen hat, fahren wir wieder ins Landesinnere und landen bald in eine uns altvertraute Landschaft. Links und rechts eine einzige Wüste aus grauem Geröll, grauer Erde, kein Hälmchen, kein Moos, nichts. Und in dieser Einöde soll der mächtigste Wasserfall Europas, der Dettifoss, toben? Wir sehen nichts, hören nichts, holpern über die wieder einmal ungeteerte Strasse dahin, zählen die Kilometer, die wenigen Autos, die von Weitem an ihrer Staubfahne zu erkennen sind. Wasser, hier? Unmöglich.
Während der Meenzer sehr damit beschäftigt ist, den gemieteten Wagen sicher über Stock und Stein zu bringen, beginnt sich die Bebbin zu langweilen. «Wann sind wir da?»
«Was weiss ich denn? Bin ich der Reiseführer?», brummt der Meenzer, unmerklich gereizt. Und doch, plötzlich, ein verräterischer Dunst über der desolaten Ebene. Hoffnung reisst die Bebbin aus ihrer Stimmung. Die Dunstwolke wird grösser und grösser, ein Rauschen dringt an unsere Ohren. Und endlich, ein Parkplatz. Und der Wasserfall?
Versteckt, wie immer! Der Fluss Jökulsa A Fjöllum hat uns die ganze Zeit, zwischen grauen Felswänden verborgen begleitet und wir wussten es nicht.
Ein beeindruckender Canyon, dessen Wasser – wen wundert’s – direkt aus dem berühmt-berüchtigten Vatnajökull bis ins Meer fliesst. Da stürzt sich also der Dettifoss mit einer Mega-Leistung in die Tiefe. Wegen ihm ist unser schöner Rheinfall nur Zweiter geworden.
Statt mächtiger Meeressäuger haben wir also einen mächtigen Foss gesehen. Und als wir nach Stunden, vorbei am natürlichen Kochtopf, am Mückensee, in unsere Unterkunft zurückkommen, winkt ein erster Sonnenstrahl. Vielleicht wird es morgen doch klappen?