Trolltag

Trolltag

Liebe Leserin, lieber Leser

Wir sind inzwischen in Andalsnes angelangt. Nebelbänke ziehen um die Berge wie vergessene Schals. Das Wasser liegt still unter dem schweren Himmel.

Heute haben wir was Besonderes vor. Eine Tour in Trollgebiet. Vielleicht habt Ihr auch schon davon gehört, dass es in Norwegen diese nicht ganz zu unterschätzenden Wesen gibt, die ganz viel Ärger verursachen können. Besonders wenn man sie missachtet.

Sie leben in Höhlen und Bergen und kommen erst hervor, wenn es dunkel wird. Denn Sonnenlicht verwandelt sie zu Stein. Ob unsere Handy-Taschenlampe als Waffe gegen einen wütenden Troll dienen  könnte? Wir wollen es nicht versuchen müssen.

Die Strasse führt uns tief in das Romsdal hinein. Der Nebel wabert um die Berge: Perfektes Trollwetter, sagt uns die Reiseleiterin. Die Trollwand ragt denn auch schwarz drohend vor uns auf. Bei Tage und gutem Wetter gibt es immer wieder solche, die sie gerne erklettern und vermutlich auf der Nase eines unvorsichtig gewesenen Trolls herumtanzen. Für heute verzichtet der Meenzer darauf, es ihnen nachzumachen. Er hat seine Kletterausrüstung zu Hause vergessen.

Doch uns steht noch ganz was Anderes bevor. Der Trollstigen. Eine mutige Passstrasse, 700 Meter Abgrund. Und das mit einem Touri-Bus, der die Nadelkurven gerade so schafft. Der Berg ist voller Trolle. Sind sie den Eindringlingen gut gesinnt? Steinschlag droht. Der Wasserfall tost. Ein symbolisches Mäuerchen trennt uns vom Abgrund. Wir beten. Besänftigen die Trolle in Gedanken. Wir wollen nur eure Aussicht bewundern. Wir tun euch nichts. Und da das neu gebaute Café geschlossen ist, werden wir keine Spuren hinterlassen. 

Seit die Bebbin zum letzten Mal mit dem Papa da war, hat sich aber doch was geändert. Jetzt stehen da Ferienhütten. Dass diese ohne Strom und ohne Wasser sind, wissen nur die Norweger…

Aber die Aussicht, die ist schon nicht ohne, und der Meenzer ist doch froh, dass er nach dem Flop mit dem Arctic Train diesen Ausflug ins Landesinnere gewählt hat. 

Auf der Rückfahrt erzählt uns die Reiseleiterin die steinerweichende Geschichte einer Hochzeit mit Folgen:

Es war einmal ein Trollkönig, der seine schöne Tochter verheiratete. Aus allen Gegenden Norwegens kamen die Trolle zu dieser prunkvollen Hochzeit zusammen. Als Geschenk für das Brautpaar bauten sie ein Haus, das bis in den Himmel ragte. Der Trollbräutigam selbst brachte eine Eule mit, die eine einzige Aufgabe hatte. Sie sollte die Trolle warnen, bevor die Sonne aufging. Als das Haus fertig war, stiegen der König und das Brautpaar mit der Eule auf das Dach des Hauses, um die herrliche Aussicht zu bewundern. Sie war so schön, dass sich alle nicht sattsehen konten. Auch die Eule nicht. Und dann geschah das Unglück. Die Eule vergass ihre Aufgabe. Ein Lichtstrahl streifte das Dach und es war um die Hochzeitsgesellschaft geschehen. Sie wurden zu Stein. Auch die Eule, was aus der Sicht der Bebbin nur gerecht erscheint.

Nach 16 Haarnadelkurven sind Bebbin und Meenzer unversehrt an den Isfjord zurückgekehrt, wo sie ncht so sehr mit Trollen als vielmehr mit der Sesselbesetzer-Szene ihren täglichen stillen Kampf ausfechten. Die Bebbin hat den leisen Verdacht, dass es einfacher gewesen wäre, einen Kampf gegen die Trolle auszufechten. Aber diese haben sich dezent in ihre Höhlen und nebligen Behausungen zurückgezogen, und so haben wir das interkulturelle Treffen auf ein anderes Mal verschoben.

 

2 Gedanken zu „Trolltag

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert