Wal-Tag

Wal-Tag

Wölkchen schieben sich durch den Himmel, ein laues Lüftchen weht, frohgemut machen wir uns zum zweiten Mal auf den Weg nach Husavik, kommen zum bekannten Hafen, finden gleich einen Parkplatz und: Yes, we’re sailing out. Das Glück ist also auf unserer Seite. Eine halbe Stunde später sind wir auf dem Kahn, der uns zu den Walen fahren wird.

Wir haben uns dick eingepackt, denn es könnte kalt werden dort draußen, sagte uns die junge Dame am Ticket-Schalter. Es kommt noch dicker: Overalls werden ausgeteilt, gehorsam steigen alle mit Mühe in die viel zu langen gefütterten Hosenbeine – die Schuhe müssen ausgezogen und wieder angezogen werden und man steht einander im Weg, auf die Hosenbeine – wir ziehen mühsam die Oberteile hoch, die engen, schlüpfen in die zu langen Arme, kriegen vorne den Reißverschluss so knapp zu und lassen uns erschöpft auf die Holzbänke fallen. Wir tuckern aus dem Hafen. Das Meer sieht so ruhig aus, es bläht sich wie eine Bettdecke und legt sich wieder. Ganz gemütlich.

Der Schein trügt. Das Schiff bahnt sich einen Weg durch Berg und Tal, es schlingert von Back- zu Steuerbord, von Bug zu Heck und umgekehrt, die Reling ist weit, die Holzbänke glatt. Schon hängt der erste hinten über der Reling – und das für die nächsten drei Stunden. Wir hingegen haben ein anderes Problem: Unsere arktische Ausrüstung, wo es doch Sommer ist. Überhitzung droht, ein seltenes Ereignis. Aber schon überschlagen sich die Ereignisse, auf 14 Uhr zeigt sich ein Blas, auf 13 Uhr ein Buckel. Buckelwale in Sicht!

Keine Zeit für das Hitzeproblem. Der Meenzer, der Glückspilz steht steuerbord und knipst was das Zeug hält. Backbord sieht die Bebbin zwischen den rot overallten Leibern ein Stückchen Meer, ein Stückchen grau, etwas Blas und sonst … nichts! 

Maria, aus Madrid, seit einem Jahr in Island, ganz freiwillig, erzählt uns alles, was wir im Walmuseum auch schon gehört haben. Aber ihre jugendliche Begeisterung, ihre Heiterkeit bringt uns die Wale nahe. Sie liebt sie so. Sie liebt das Wetter!

Endlich: Wale backbord! Die Bebbin drängt sich rücksichtslos nach vorn, hängt an der Reling, zielt und zoomt und da, weit her geholt, ein Rücken, ein langer, ein Blas! Nein zwei, sie tauchen unter und wieder auf, ziehen unbekümmert ihrer Wege, ihrer Nahrung nach, während auf dem Kahn die Hektik verebbt.  

Erschöpft torkeln wir aus dem Schiff und lassen die Wale und Maria hinter uns. Vor uns erstreckt sich wieder eine lange Strasse mit nichts als Landschaft, kargen Weiden und dann Geröll. Unser Ziel: Die Lavaformationen von Dimmuborgir, am Mückensee.

Es ist schon 16 Uhr, Wolken drängen sich am Himmel wie die Schafe vor dem Regen, aber wir lassen es uns nicht nehmen.

Der Pfad schlängelt sich zwischen seltsamen Gebilden aus Lavagestein, hier ein Schornstein, da eine Fratze, dort ein Loch oder gar eine Brücke, die Fantasie kennt keine Grenzen und findet auch einen versteinerten Troll.

Düster ragen die schwarzen Formationen in einen ebenso düsteren Himmel, der Wind frischt auf und schon sind wir weg. Noch ist unser Programm nicht beendet. Es fehlt noch …  

Ein Wald am See. Richtig. Ein Wald, das ist in Island eine ernsthafte Angelegenheit und steht im Reiseführer. Und siehe da: durch ein Birkenwäldchen windet sich ein schmaler Pfad, es duftet, Vögel pfeifen, im hohen Gras des Unterholzes blühen Butterblumen und violette Blümchen.

Am See paddeln Entenjungen der Mutter davon und zeigen ihr Können: Ein Sprung in die Höhe, ein Buckel und sie sind abgetaucht. Waren sie auch auf Walbeobachtung?

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