Neu-schottische Lebensart

Neu-schottische Lebensart

 

Andere Länder, andere Sitten oder doch nicht?

Liebe Leserin, lieber Leser,

als Tourist bekommt man selten einen Blick hinter die Fassade und wenn man beim einzigen über zehn Ecken bekannten Kanadier vor verschlossener Tür steht („feel free to pop in“ war wohl nicht ganz ernst gemeint), dann reduziert sich die Chance auf eine umfassende ethnologisch wertvolle Analyse der neuschottischen Lebensart ganz erheblich. Wir bleiben also bei den Einblicken, die wir aus rein touristischer Sicht gewinnen können und da kommen wir zunächst ganz automatisch aufs Essen zu sprechen.

Cap-Pelé

Denn in Nova Scotia ist die Jagd nach Essbarem eine nicht zu unterschätzende Angelegenheit. Nicht nur, weil die Supermärkte so rar sind wie bei uns ein Fünf-Sterne-Restaurant und überdies von aussen nicht von einer gewöhnlichen Lagerhalle zu unterscheiden sind; nein auch, weil die Restaurants nur bis sage und schreibe 20.00 Uhr offen haben. Für Touristen, die von morgens bis abends auf den Beinen – oder den Rädern – sind und keinen Supermarkt plündern konnten, eine ernst zu nehmende Deadline. Und schlimmer noch: Es empfiehlt sich, den Tisch im Voraus zu reservieren, ansonsten man Gefahr läuft, bei Wind und Wetter Schlange stehen zu müssen. Aber wie soll man im Voraus wissen, welche Restaurants der Übernachtungsort zu bieten hat?

Wir wollten es nicht glauben und haben es getestet. Mehrmals. Egal ob ein gastronomisches Fischrestaurant im touristischen Annapolis oder die Hafenkneipe von Parrsboro – wir kamen, sahen und siegten. Bisher.

Aber die neuschottische Gastronomie, die hat was von der altschottischen. Frittiert, was das Zeug hält, ein paar Brokkoli und Karottenscheiben zur Tarnung, zwei Gurken- und Tomatenscheiben und ein lahmes Salatblatt als Dekoration. Oder nichts als einen Eimer voller Schalentiere, die sich noch nach dem Tod mit Schale und Schere und aller Entschiedenheit gegen das Gegessen werden wehren. Und das alles für läppische 70 kanadische Dollar für zwei. Aber halt! Das ist die Rechnung ohne den Staat gemacht (+15%) und ohne die arme Bedienung, die mangels unserer obligatorischen Spende am Existenzminimum nagen müsste (+15%). Die Preise, ob im Supermarkt oder im Restaurant sind nämlich Netto!

Kanadische Delikatessen – stilvoll serviert

Die Bebbin ist klar überfordert und delegiert die ganzen Berechnungen und auch gleich die Bezahlung an den mathematisch hochbegabten Meenzer. Dafür bietet sie hin und wieder Übersetzungshilfe an.

So amerikanisch wie die hiesige Ernährung sind auch die Häuser. Davon können wir Schweizer sowieso und selbst Deutsche nur träumen. Erker, Veranden vorne und hinten, säulengeschmückte Hauseingänge, zahllose grosse und kleine Dächer und dann das Grundstück! Wie ein Golfplatz ohne Löcher umrahmt perfekter Rasen die weiss, gelb, rot gestrichenen Holzhäuser. Da dringt ganz klar der Schotte durch. Oder vielleicht der Südstaatler?

 

Den unglaublichsten Einblick in ein altes neuschottisches Heim wollen wir Euch nicht vorenthalten und können nur sagen: Im Schloss Balmoral  kann es unmöglich  feudaler sein!

Queen Anne Inn, Annapolis

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