Auf den Spuren der ersten Siedler
Was die ersten Siedler antrafen und was sie daraus machten – Akadien, das Land ihrer Träume. Auch unserer?
Akadien, das klingt nach einem Fantasy-Roman, einem Land mit überdimensionierten Schmetterlingen, sprechenden Blumen und einer Heldin Namens Acadia. Oder ähnlich. Aber wie so oft, müssen sich die Bebbin und der Meenzer eines Besseren belehren lassen. Akadien ist die letzte Hochburg der alteingesessenen französischen Einwanderer und befindet sich an der Ostküste der Provinz New Brunswick, gleich nördlich von Nova Scotia. Warum dieser Name? Keiner weiss es. Aber wahrscheinlich ist das wenig ausgeprägte Sprachtalent dieser ersten Siedler daran Schuld und haben sie das Wort „fruchtbares Land“ der Mik’mac falsch verstanden und ein bisschen angepasst …
Die Akadier waren sozusagen die Wirtschaftsflüchtlinge der damaligen Zeit. Sie nahmen im 18. Jahrhunert die Überfahrt ins gelobte Neue Land auf sich und was trafen sie an? Nein, keine Zeltlager und auch kein Willkommenspaket, sondern Mücken, Moor und Meer. Aber da sie nicht in den nächstbesten Air Canada-Flug steigen und wieder zurück in die Grande Nation fliegen konnten, blieben sie eben und machten das Beste daraus.
Und der Meenzer und die Bebbin müssen gestehen. Sie haben das Beste aus diesem Land herausgeholt. Sie haben Deiche gebaut, dem Meer Land entrissen und es fruchtbar gemacht. Man fühlt sich hier gleich wie zuhause.
Wir haben auf diesem Kurztrip nach New Brunswick das Meer gesucht aber Weizen, Mais, Kartoffeln und ein bisschen Wald gefunden. Immerhin, weil das Meer so schön ist, haben die Akadier hie und da die Mückenbrutstätten so belassen wie sie waren. Ein stehendes Gewässer hier, ein Tümpel dort und wer die Plage nicht scheut – oder sich mit dem hiesigen Giftstoff gründlich eingesprayt hat, kann auf diesen stillen Wassern eine schwankende Kanuspur hinterlassen.
Einen Fehler hatten diese Leutchen aber. Sie fühlten sich als Franzosen, kanadische Franzosen sozusagen. Und als die Briten nach viel hin und her in Kanada die Oberhand gewannen und von den Akadiern Loyalität einforderten, sagten diese: “Non!“. Wie soll ein Franzose dem englischen König die Treue schwören, fragen wir Euch? Das käme auch heute keinem in den Sinn. Die Briten fanden eine unkomplizierte und für die Akadier äusserst schmerzhafte Methode. Sie brannten kurzerhand ihre Häuser nieder und schifften sie in die USA aus.
Aber die Acadier waren zäh. Einige kamen zurück und blieben für immer. Woran die Bebbin mit ihrem vielseitigen Sprachtalent sie erkannte? Daran, dass sie kein Wort verstand.
„Das ist ja gar kein richtiges Französisch“, beschwerte sie sich entrüstet. „Dieses Kauderwelsch von Französisch und Englisch versteht doch kein Mensch!“
„Doch, die Akadier“, war des Meenzers leicht tadelnde Antwort.
Tatsächlich haben sie nicht nur ihre eigene Sprache, sondern auch ihre eigene Flagge, bleu-blanc-rouge mit Stern, die vor jedem Haus hängt. Und wenn nicht, hat sich wohl ein Nicht-Akadier – oder schlimmer noch: ein Ex-Brite – in diese gefährliche Nachbarschaft gewagt.
Nach diesem erkenntnisreichen Tag kehrten wir in unsere mückenfreundiche Unterkunft mit Blick aufs Moor zurück und verzichteten ausnahmsweise darauf, auf der Veranda dem Sonnenuntergang entgegenzublicken. Denn gegen diese Mücken hilft auch das kanadische Rotbrüstchen nicht mehr.