Isländische Verhältnisse
Samstag, 01.07.2023: Nein, es geht nicht um die Wolken, welche am nächsten Morgen die Gipfel der Umgebung immer noch nicht freigegeben haben. Es geht auch nicht um die Temperatur, welche die Bebbin zwingt, ihre bewährte wind- und regendichte Jacke aus der Bretagne auszupacken.
Es geht um Wasser. Warmes Wasser. Wie jenes aus dem heimischen Wasserhahn, wenn man es lange genug völlig unökologisch strömen gelassen hat.
Heute wollen wir also diesem Geheimnis nachgehen. Und gehen ist das Stichwort. Denn schließlich sind wir fit wie ein Turnschuh. Die Bebbin jedenfalls. Und das Frühstück muss unbedingt verbrannt werden.
Kurz: Der Meenzer packt den Rucksack für beide, denn die sonst durchorganisierte Bebbin hatte vor der Abreise den Kopf klar woanders.
„Ich habe ehrlich daran gedacht, einen Rucksack mitzunehmen“, verteidigt sie sich lahm. „Aber für einen Spaziergang von einer Stunde?“
Der Meenzer hält sich mit seinem Kommentar galant zurück und schiebt ihr ohne Worte die Internetseite „Wanderungen in der Tamina-Schlucht“ unter die Nase.
5 Stunden gefällig? 4 oder vielleicht nur 3?
Wer uns kennt, weiß: Wir lieben das Wandern, ganz besonders, wenn es vorbei ist. Wir entscheiden uns sicherheitshalber für die dreistündige Wanderung. Start direkt am Ende des Ortes und Ankunft irgendwo am Ende der Schlucht.
Der Schotterweg schlängelt sich gemütlich entlang eines gräulich schäumenden Bachs in die Berge hinauf. Ein Paar mit Hund überholt uns; zwei Frauen mit Kinderwagen; Familien mit Kleinkindern. Und das Postauto.
„Das ist aber schon der richtige Weg?“ Eine gewagte Frage, weiß die Bebbin und die Antwort kommt wie ein Steinschlag am Berg. „Siehst du einen anderen Weg, etwa?“
Die Bebbin blickt sich suchend um. Rechts ein bewaldeter Hang an dem kein Steinbock hätte klettern wollen. Links, jenseits des tosenden Gewässers eine Felswand, an welcher sich gerade noch ein paar Moose und Gräser klammern.
Keuchend gehen wir weiter. Überholt vom Postauto, das uns vor kurzem doch gerade entgegen gekommen war. Eingeholt von jungen Männern, joggenden Frauen. Soll das alles gewesen sein?
Nach zwei Stunden in der sich immer mehr verengenden Schlucht taucht ein großes weißes Gebäude auf. Das alte Badehaus. Und endlich! Das Tor zum Geheimnis…
Aus tausend Metern Tiefe steigt das Wasser hoch, das sagenhafte 10 Jahre unterwegs gewesen ist, bis es die Oberfläche der Schlucht erreicht. Und eine angenehme Badewannentemperatur von… 36,5°C.
Andere fliegen dafür nach Island
Wir erwägen kurz, uns in die Fluten abseilen zu lassen, wie die Kurenden vor etwa 800 Jahren, oder wahlweise in eine dieser netten kleinen Wannen hinunterzulassen, sofern sie jemand vor uns mal putzen würde.
Dann winken wir aus rein praktischen Gründen ab. Nicht die Felswand, in die wir knallen könnten und auch nicht die Aussicht auf ein geschwächtes Seil schrecken uns ab. Oder die unbekannte Bakterien in der 200 Jahre alten Wanne. Nein, es ist ganz einfach: Wir lieben das Wasser… solange wir nicht nass werden.
Der Rückweg ist leicht wie das plötzlich umgeschlagene Wetter. Ein strahlend blauer Himmel blickt über die grünen Gipfel auf die Felswände hinunter. Und auf uns, wie wir tapfer die gleiche Schotterpiste zurücklaufen, überholt von … ihr wisst schon.
Wir lieben Wanderungen, besonders wenn sie vorbei sind. Aber dieses Erlebnis war die Mühe wert.
3 Gedanken zu „Isländische Verhältnisse“
Hallo Bebbin Carine, hallo Bebbi Frank,
vielleicht ist es doch einfach viel bequemer, nach Island zu fliegen als zum alten Badehaus von Bad Ragaz zu wandern 😉 .
Vielen Dank dafür, dass Ihr mich dieses Jahr wieder mit auf Eure (Kurz-)Reise nehmt. Eure Bilder von der Schlucht sind sehr beeindruckend.
Viele Grüße
Gerald
Der Schweizer Osten ist für uns Terra Inkognita, deshalb freuen wir uns über besonders über Euren Reisebericht und wünschen Euch einen schönen Urlaub.
Jouhouiiiiii, herrlich dieses Eintauchen in die Welt der Bebbin mit ihrem Gefährten….eine wunderschöne Sache so den Tag zu starten, ich danke🙏☺️