Prince Edward Island
Eine Insel – so what? Und was sie doch noch zu bieten hat.
Ein Katzensprung von Nova Scotia entfernt; entweder über die Confederation Bridge -13 km lange schwindelerregende Höhe – zu erreichen oder wie gerade jetzt mit der Fähre. 75 Minuten wiegender Gemütlichkeit unter Tausenden von Gästen gross und klein und auch vierbeinig.
Die Bebbin und der Meenzer dachten eigentlich, eine Reise nach Nova Scotia gebucht zu haben und der Gedanke, knappe drei Tage auf der Insel zu verbringen, war zunächst nicht so berauschend. Aber sie durften sich eines Besseren belehren lassen.
Ja, es gab wieder Felder, Wälder und blühende Wiesen, ganz viele Kartoffeln, Mais und Getreide und das hatten wir alles schon gehabt. Doch plötzlich: weite Dünenlandschaften mit feinstem Sand , wehendem Gras und endlosen Spazierstegen in strahlendem Sonnenschein. Bei etwa 30°C im Schatten, ideal für ein bisschen Bewegung, ein bisschen Sonnenbrand oder Hitzschlag. Und kein einziges Bänkchen unter einer duftenden Pinie, kein Lüftchen oberhalb der Grasgrenze. Und schlimmer noch: kein Strandcafé! Dabei wären die weiten Sandstrände der Traum jedes Mallorca-Touristen. Ein paar wenige Menschen zur Dekoration sozusagen, sanft plätschernde Wellen, keine Qualle weit und breit, kein Wal und auch kein Hai in Sicht. Nicht einmal ein paar Algen.
Aber die Leuchttürme! An jeder Landspitze, die dafür Platz bietet, steht ein schnuckeliger Leuchtturm. Kantig, drei Käse hoch, weiss und rot gestrichen, wie es sich gehört.
Und das Beste ist: Man kann im einen oder anderen auch übernachten! Das lassen wir uns nicht nehmen. Es ist zwar der Seitentrakt, aber mit Blick auf den Turm – hier schwarz-weiss gestrichen—auf richtiges Meer mit rauschender Brandung und auf das beruhigende Kreisen des rettenden Lichts.
Auf der P.E.I. – wie die hiesigen Einwohner dieser eigenen Provinz die Insel liebevoll nennen – ist der Fischfang nicht unwichtig und eine Touristenattraktion. Angeln, Tiefseefischen, Lobster fangen. Wir zögern. Lobster, das wäre doch was. Direkter Kontakt mit der hiesigen Wildnis. Dem knackigen Monster mal Aug in Aug gegenüberstehen. Wir verzichten grosszügig darauf. Womöglich müsste man den auch noch kochen und essen und Letzteres kennen wir irgendwie schon …
Aber wer meint, dass es auf Land nichts zu erleben gibt, der täuscht sich. Man muss nicht mal weit suchen.
Es ist morgens um neun, der Leuchtturm schläft, das Meer rauscht und der Parkplatz ist leer. Nein, da ist was! Ein paar Meter vor uns steht ein Fuchs. Die Bebbin reisst die Kamera ans Auge und knipst wild drauflos. Das ist das Praktische an der Digitalkamera. Der schlaue Fuchs erkennt gleich: Diese Leute sind nicht an Fuchsfell oder an Mäusen interessiert. Und so schnüffelt er auf dem sandigen Platz hin und her, nimmt Fährte auf, gräbt das Gras um und schwupps! Das Frühstück ist erledigt. Und wir haben die hiesige Wildnis für die Ewigkeit festgehalten.
Aber es kommt noch besser.
Gähnend fahren wir den Highway 3 entlang. Plötzlich tritt der Meenzer auf die Bremse. Zum Glück ist der Hintermann Hunderte von Metern hinter uns. Und rechts von uns, im Gras: Ein Weisskopfadler!
Hat schon jemand von Euch einen Weisskopfadler auf dem Pannenstreifen einer Autobahn gesehen? Die Bebbin steigt aus, knipst aus sicherer Distanz wie wild, schliesslich könnte er jederzeit die Schwingen ausbreiten und sich in sichere Höhen erheben. Sie ist nicht die Einzige. Hinter uns stehen die Autos, auf der Gegenfahrbahn stehen sie und alle fangen das Wunder auf Pixeln ein.
Schweren Herzens verlassen wir den Ort des Geschehens. Diese Insel hat’s in sich und ist absolut empfehlenswert. Denn auf P.E.I kommt die Wildnis zu Euch.