Ein technisches Wunderwerk
Wie ihr euch vielleicht vorstellen könnt, hat die Bebbin keinen besonders direkten Draht zur Technik. Hauptsache, sie funktioniert. Und wenn nicht, dann muss der Meenzer her. Trotzdem muss sie ihrem Schatz dieses eine Werk näherbringen. Ein Besuch der Lowlands – wie der Süden Schottlands auch genannt wird – ist ohne es nicht komplett.
Ihr habt es verstanden. Wir haben die Highlands verlassen. Unser Gastgeber in Inveraray hatte uns eindringlich vor der vorgeschlagenen Route gewarnt und ein viel schöneres und malerischeres Loch empfohlen. Die Schulferien haben begonnen, das Wetter lässt auf Lichtblicke hoffen. Kurz: Die Bebbin ahnte, dass er Recht hatte, aber was ist eine Schottlandreise ohne einen Blick auf die Bonnie Banks of Loch Lomond? Nun, die gute Nachricht ist, dass der Meenzer zwischen zwei Autokolonnen, den Ausflüglern auf ihren Picknickdecken und dem dichten Gebüsch tatsächlich einen ziemlich unromantischen Blick auf den vielbesungenen See erhaschen kann. Wie viel romantischer die menschenleere, pannenträchtige Weite der Highlands war!
Die andere gute Nachricht ist, dass das Navi und die Bebbin den Meenzer ohne Zwischenfälle weg von dieser Touristenfalle zu einem technischen Wunderwerk lotsen, das die Bebbin noch immer begeistert und seinesgleichen sucht. Eine Schleuse der besonderen Art.
Seit 1790 werden die Flüsse Clyde und Forth in West-Ost-Richtung durch einen Kanal verbunden. Davon zweigt ein weiterer ab, der 1822 eröffnete Union Kanal, der bis nach Edinburgh führt. Nur gab es einen kleinen Haken. Zwischen den beiden Kanälen besteht ein Höhenunterschied von sage und schreibe 33.5 Metern. Ihr kennt die Lösung. Eine Schleuse. Oder mehrere. So bauten die gewieften Ingenieure damals ganze elf Schleusen auf einer Strecke von 1.5 km. „Und das soll das Wunder sein?“, werdet ihr zu Recht fragen. Nein, natürlich nicht.
Eisenbahn und Straßenverkehr verdrängten die Schifffahrt und die Schleusen verfielen, was aber viele Schiffs- und Wasserbegeisterte nicht hinnehmen wollten. So kamen Ingenieure auf eine ausgeklügelte Idee: Eine Art Riesenrad für Schiffe. Und klar machen wir die Fahrt mit, damit der Meenzer euch die technischen Feinheiten, die der Bebbin trotz gutgemeinter Erläuterungen immer noch entgehen, im Detail erklären kann. Der Falkirk Wheel wurde 2002 von Queen Elisabeth eröffnet. Sie fuhr aber nicht damit. Ob sie der Sache nicht ganz traute oder das Wetter zu schottisch war, bleibt ein Geheimnis. Die Bebbin tippt auf das Zweite.
Unser Ausflugsboot, das ausgerechnet von einer helvetischen Reisegruppe fortgeschrittenen Alters fast ganz in Beschlag genommen wird, fährt vorsichtig in die mit Wasser gefüllte untere Wanne ein. Die Pforten der Wanne werden geschlossen. Hoffentlich sind sie wasserdicht, denn bald gibt es um uns herum nur noch luftigen Abgrund.
Die Maschinen setzen sich in Bewegung. In gerade nur fünf Minuten drehen wir uns in unserer Wanne auf die Höhe des oberen Kanals hinauf. Die kanalzugewandte Pforte öffnet sich und wir gleiten in den oberen Kanal hinein, unter den Überbleibseln einer römischen Anlage, dem Antoniuswall, hindurch.
Was hoch geht, muss wieder runter kommen und so geht es auf gleichem Weg zurück. Wir haben keinen Tropfen Wasser verloren, die Fallschirme sind unter den Sitzen geblieben und niemand muss in der Wanne nach seinem Handy tauchen gehen.
Beim Mittagessen, zum Glück ohne die Reisegruppe, die bereits davongerauscht ist, sehen wir uns das Rad nochmals in Aktion an. Wir waren wirklich dort oben. Unter uns gesagt. Das Riesenrad an der Basler Herbstmesse vermittelt mehr Gefühl von Abgrund und Schwindel als dieses Teil. Aber wir können das Erlebnis absolut empfehlen.
Wir erholen uns von diesen Strapazen bei einem ausgedehnten Spaziergang durch Stirling Castle. Wie ein Adler auf seinem Horst sitzt die imposante Burg auf ihrem Felsen, von dem aus der gesamte zentrale Teil Schottlands kontrolliert werden konnte.
Deshalb gaben sich zahlreiche Herrscher hier die Klinke in die Hand und wurde die Burg in ihrer Geschichte mindestens sechzehnmal belagert oder angegriffen. Die Touristen nicht mitgezählt, wovon im 2022 satte 418’000 die Ticketschalter erobert haben.
Leider haben wir von keinen Geistern zu berichten. Nur der Geist von Marie de Guise, Witwe von Jakob V. schwebt noch durch die Räume. Sie hatte lange Jahre das Zepter in der Hand, war Herrscherin, Politikerin – und die Mutter der unglückseligen Mary Stuart, Queen of Scots. Doch, wenn man die Wappen Schottlands betrachtet, so ist der wahre Herrscher: das Einhorn.
2 Gedanken zu „Ein technisches Wunderwerk“
Nicht gerade ästhetisch, diese geschwungenen Betonmassen inmitten der vielen Lochs und Löcher, aber genial die Idee des Schleusenriesenrads!
Beeindruckend und in Birsfelden würde es richtig gut passen und den jetzigen Ort deutlich aufwerten!! Und ich sehe blaue Flecken am Himmel auf euren Bildern, hurrraaaaaaaa!!! 😉