Abschied

Abschied

Unglaublich, wie die Zeit vergeht. Es ist wieder Zeit, von diesem fernen Land Abschied zu nehmen. Auch wenn viele Meilen uns Europäer von Neuseeland trennen, so ist es uns inzwischen um Einiges näher gekommen. 

„Die Nord- oder die Südinsel?“, werden uns die einen oder anderen fragen, wie es der Backpacker in einem Café von Dunedin getan hat. „Was hat Ihnen am besten gefallen?“

Der Meenzer erwägt die Frage, während er an seinem eisigen Kaffee nippt. „Schwer zu sagen“, sagt er. Die Südinsel hat mit den Bergen schon was zu bieten.“ ¨

Klar, Rheinhessen ist zwar für den guten Wein, aber nicht gerade für Berge bekannt. 

„Die Nordinsel“, sagt die Bebbin ganz spontan. „Die Vulkane, die wir hätten sehen können. Das brodelnde Wasser, in das ich keinen Finger stecken konnte.“

„Oder diese Bäume in Auckland, deren Blüten wie Bürsten aussehen.“ Auf der Südinsel nannte man sie  Weihnachtsbäume, weil sie normalerweise zur Weihnachtszeit blühen. Offenbar hat aber der Klimawandel auch hier schon Spuren hinterlassen.

Der Sky Tower, von dem sich die Leute in die Tiefe stürzen, war auch nicht zu verschmähen.

„Wenn schon die Nordinsel“, sagt der Meenzer, „dann doch lieber das Meer an der Coromandel-Halbinsel. mit dieser Cathedrale, die keine war. Dort, wo du zum Frühstück Waffeln mit Speck und Schokoladeneis bekommen hast. Oder in dieser Schlucht, wo es so friedlich war und wir diesen Fudge gegessen haben.“

Ernährung ist dem Meenzer wichtig. Ein riesiges Stück. Rahm und Zucker pur, versetzt mit Erdnüssen oder so. Der Bebbbin schaudert es bei der Erinnerung daran. Nur aus Nächstenliebe hat sie geholfen, das Teil zu bodigen. Es hätte kalorienmässig für die nächsten drei Tage gereicht. Für beide.

„Mir gefiel ganz besonders das Tor zur Hölle“, fährt die Bebbin weiter, „aber der Teufel wollte uns nicht hereinlassen. Dafür haben uns die Maori sehr willkommen geheissen. Willkommener als den armen Mr. Cook.“

Leider haben wir den Tongariro-Nationalpark, den ältesten von Neuseeland, nur gestreift. Hätten wir die Steigeisen, Schutzhelme und sonstige für eine eisige Vulkanbesteigung nötigen Kleinigkeiten dabei gehabt, hätten wir die sechsstündige Besteigung des Mount Ruapehu natürlich auf jeden Fall mitgemacht. Oder die viertägige Alpenüberquerung. Aber da die Elefanten nicht mitgeliefert worden waren, haben wir uns auf ein paar Fotostopps beschränkt. Man kann auch auf Reisen nicht immer alles haben. Dafür haben wir schon mal einen Vogel, der fliegen kann kennengelernt, den Tui.

„Was absolut unnötig war“, sagt der Meenzer, „war deine Jagd nach diesen gelben Büschen. Wen kümmert es, ob das jetzt Ginster ist oder was anderes? Es ist gelb und sah ganz nett aus.“

Der Meenzer hat sein naturwissenschaftliches Interesse zuhause gelassen, um sein geistiges Gepäck zu reduzieren. Schliesslich hatte er eine wichtigere Aufgabe. Fahren. Deshalb hat die Bebbin neben der Co-Pilotage und dem Co-Fotografieren auch die Recherche übernommen. Die Antwort erhielt sie aber am letzten Tag der Reise. Es kommt auf die Dornen an. Sticht die Pflanze, dann ist es Stechginster. Sticht sie nicht, handelt es sich um den Echten Ginster.

„Eben“, sagt der Meenzer achselzuckend. „Ist doch alles Ginster.“

„Das Beste an der Nordinsel war ganz klar das Hobbiton“, fügt er für den Backpacker hinzu, der anerkennend nickt. Die Bebbin seufzt. Ohne das Auenland kam sie bisher im Leben gut zurecht. Immerhin hatten diese niedlichen Hobbit-Höhlen was sehr Sympathisches. Sie hatten die richtige Grösse. Für sie.

„Die Südinsel erinnert mich sehr an zuhause“, sagt sie, ganz ohne Wertung. „Berge mit und ohne Schnee. Seen, blau, türkis oder sonstwie. Flüsse.“  Dass sie, dort wo sie zuhause sind, momentan nicht mal einen richtigen Fluss sehen können, ausser sie nehmen das Auto oder die Tram tut nichts zur Sache.

„Die Flüsse haben einen kleinen Mangel“, ergänzt sie. „An Wasser.“

„Wir könnten zurückkommen, wenn wir Rentner sind“, denkt der Meenzer laut. „Mit dem Allradantrieb abseits der Pisten fahren, durch die Flüsse …“ Ein Hauch von Abenteuer hängt in der Luft.

„Und was machen wir, wenn wir darin stecken bleiben?“  Der Hauch weht davon. Nicht die richtige Zielgruppe. 

„Auf jeden Fall haben mir die Seerosen im Japanischen Garten von Nelson ganz gut gefallen“, fügt der Meenzer lahm hinzu. 

Nelson, das Zentrum Neuseelands. Wenn man dem Glauben schenken will. 

„Ja, aber wie steht es jetzt mit meiner Frage?“, mischt sich der Backpacker ein. „Nord- oder Südinsel?“

„Es gibt kein Entweder-Oder“, kommt die Antwort von uns beiden wie aus einem Mund. „Da wäre noch der Abel Tasman Nationalpark, der Süden, Pinguine vielleicht. eine Walbeobachtungstour. Es gäbe noch so viel zu sehen!“ Der einzige Pinguin, den die Bebbin hier gesehen hat, befindet sich auf einem 5 Dollar-Schein.

„Immerhin waren wir dem Mount Cook noch nie so nah wie am Lake Tekapo“, meint der Meenzer, aus purer Liebe, denn ob dieser Mount oder ein anderer, sie sind ihm im Grunde genommen herzlich unwichtig, solange er sie nicht am eigenen Leib erfahren muss.

Der Mount Cook ist ein klitzekleiner Wermuthstropfen. Für den Preis eines Helikopter-Ausflugs hin und zurück bekommt man locker eine Woche All-Inclusive auf Mallorca. Zum Leidwesen derer, die gerne ein authentisches Bild des berühmten Bergs erhalten hätten, fehlten auch hier das Zeitfenster und das nötige Kleingeld. Übrig blieb ein Spaziergang am See mit Blick auf namenlose Berge und eine eigens gekaufte Postkarte.

Nach 3’000 Kilometern mit Millionen von Kurven über unzählige Pässe, nach tagelangen Fahrten die Küsten entlang, können wir nur sagen. Fahrt hin und schaut es Euch an. Geht auf die Suche nach dem Blockflötenspieler, der sich als Bell-Bird geoutet hat, nach den Glühwürmchen oder einfach nur nach einer atemberaubenden Aussicht auf die eine oder andere Schlucht. Was uns betrifft, so ist es nun Zeit, von diesem vielfältigen Land Abschied zu nehmen. Aber vielleicht nicht für immer …

Wir danken Euch, dass Ihr mit uns gereist seid.

Eure Bebbin und Euer Meenzer

4 Gedanken zu „Abschied

  1. Es ist immer schwer zu sagen, was das Highlight einer Reise war. Ihr habt jedenfalls auch in diesem Jahr wieder eine abwechslungsreiche Mischung aus Natur und Kultur eines fernen Landes abgewogen und ich freue mich schon auf die Destination, mit der Ihr beim nächsten Mal überrascht.
    Eine gute Heimreise wünscht Euch
    Gerald

  2. Lieben Dank für das Teilen. Sieht so aus als werdet ihr beim Nachhausekommen keine Mühe haben euch anzuklimatisieren, ganz schön frisch hier in Basel und Münchenstein ist davon ja nicht weit weg .Wenn ich an eure Flugstunden denke schaudert es mich, kommt gut nach Hause!!
    Anne

  3. Merci pour tout ces récits que j’ai eu beaucoup de plaisir à lire…..et la photo du Mount Cook, même si c’est une carte postale, est très impréssionante…merci.
    Bonne rentrée dans la grisaille de Münchenstein et je me réjouis de voir d’autres photos qui doivent mijoter par centaines sur la mémoire de vos portables.
    Alexandre

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