Ab in den Süden

Ab in den Süden

Wie die Neuseeländer es geschafft haben, zwei Inseln zu einem einzigen Staat zu verbinden, ist der Bebbin schleierhaft. Die Fahrt von Wellington nach Picton auf der Südinsel dauert ganze drei Stunden. Es ist also kein Katzensprung.

Ein bisschen enttäuschend ist die mickrige Windstärke von knapp 4 Knoten, d.h 7 km/h, welche die imposante Fähre kaum zum Schaukeln bringt. Die Bebbin hätte gerne eine Spur mehr Action gehabt, schon nur um damit prahlen zu können, wie seefest sie doch ist. Dies bringt den Meenzer dazu, in seinen Lieblingserinnerungen zu schwelgen, als er auf einer Segeltour auf dem Mittelmeer in eine Windstärke 8 geriet. Gegen die damals turmhohen Wellen sind diese paar Schaumkrönchen nur ein Sturm im Wasserglas.

Die Strecke zählt scheinbar zu den prachtvollsten Fährstrecken der Welt und für einmal müssen wir es glauben. Wir kennen zwar zwei besonders schöne Fährstrecken: Jene vom Kleinbasler Ufer zum Basler Münster und jene von Bingen nach Rüdesheim am Rhein, aber dort passen nicht ganz so viele Autos und Lastwagen drauf wie auf dem Interislander.

Endlich ist Land in Sicht. Die Südinsel rückt näher und näher. Und, ob Ihr es glaubt oder nicht: Die Farbe ist echt. Ehrlich.

Endlich haben wir wieder festen Boden unter den Rädern. Unser nächstes Ziel, Nelson, liegt ein gute Autostunde entfernt und o Wunder: Es geht wieder mal kurvig bergauf und wieder bergab. Ein Tunnel wäre kein Luxus gewesen. Aber dann hätten wir weder das grösste Lager zukünftiger Wurfscheiben gesehen noch diese Aussicht auf eine stille Bucht genossen.

Nelson, wo der Admiral unseres Wissens nie einen Fuss gesetzt hat, versetzt die Bebbin in Panik. Nicht, weil sie den Meenzer von einem Kreisel zum anderen lotsen muss – und das alles mit links – sondern, weil die Stadt zu gross für einen gemütlichen Spaziergang und zu klein für echte Aktivitäten ist. Wovon sollen wir Euch berichten??

Euch zuliebe machen wir uns am nächsten Morgen, gleich nach einem kleinen Frühstück in einem unscheinbaren aber dafür besonders sympathischen und hoch bewerteten Café, zu Fuss auf zum Zentrum von Neuseeland. Keine Bange. Es ist weder eine Wanderung à la Mount Ruapehu noch ein Spaziergang an der Strandpromenade, die mehr Strand als Meer zu bieten hat. „Und dafür sind wir 24 Stunden geflogen?“, beschwert sich der Meenzer. „Die Nordsee hätte das Gleiche geboten und wäre ganz einfach mit dem Auto erreichbar gewesen.“

Die Bebbin schweigt diplomatisch. Was wir beide nicht wissen, ist dass das Zentrum Neuseelands zwar nur ein 15-minütiger Spaziergang ist. Doch direkt bergauf. Und nach dem Frühstück. Dennoch dringen wir bis zum Zentrum der neuseeländischen Welt vor und werden mit einer … Aussicht belohnt.

Unten am Hügel, also schon sehr an der Peripherie Neuseelands treffen wir auf einen pensionierten Neuseeländer, der uns berichtet, dass er wegen seines Knies nicht mehr hochlaufen kann – was die Bebbin, die wegen ihres Knies kaum mehr runterkommt, sehr gut verstehen kann. Wie sich herausstellt, war er aus beruflichen Gründen oft in der Schweiz, in Genf. Jeweils zwei Tage Flug für zwei Tage Arbeit. Wir freuen uns mit ihm, dass er jetzt seine Ruhe hat.

Im Queen’s Garden geniessen wir anschliessend die entspannte Atmosphäre eines Entenweihers, eines halbchinesischen Gartens und nutzen die Gelegenheit für Weiterbildung. Kennt Ihr die Macadamia-Nuss? Sicher, zum Beispiel in Eisbechern oder Desserts. Aber in echt? Hier ist sie. Und tragen tut die Nüsse ein richtiger Baum.

Dann geht es weiter zu einer Art Nelson im Kleinformat. Nein, wir meinen nicht den Admiral, sondern den Ort. Ein paar Leute haben einfach ihre Häuser spendiert und Freiwillige haben diese auf einem Fleckchen Land wieder aufgebaut. Wir spazieren also von der Windmühle zur Kirche, zur Feuerwehr und zur Kneipe (Letztere ist leider schon geschlossen).

Dieses Stückchen Geschichte ist viel hübscher als die Realität, sei es im 19. Jh. oder heute.

Diesen anstrengenden Sightseeing-Tag beenden wir im Japanischen Garten mit seiner roten Brücke, den Steinen im Wasser, den wunderschönen Seerosen

und dem nicht bestätigten Eindruck, dass sie bei der Gestaltung des Gartens vergessen haben, einen japanischen Experten beizuziehen.

Die Bebbin atmet auf. Auch wenn Nelson jetzt nicht mit Vulkanen, höllischen Schlammkesseln und Ähnliches aufwarten kann, so hat es doch genügend geboten. Wir haben unseren Touristensoll erfüllt und können am nächsten Morgen beruhigt wieder die Strasse unter die Räder nehmen.

2 Gedanken zu „Ab in den Süden

  1. Da habe ich in der Tat schon stürmischere Rheinfahrten erlebt und auch die abfallende Küste der Südinsel erinnert schon ein wenig an das obere Mittelrheintal 😉 . . .

  2. Falls ihr für eine ebenfalls äusserst prachtvolle Fährverbindung nicht ganz so weit fliegen wollt, so hinterlasse ich hier meinen diesbezüglichen Tipp:
    Vancouver (Horseshoe Bay) – Nanaimo (Departure Bay) in British Columbia, Kanada

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