Eine Überraschung

Eine Überraschung

Heute Morgen ist unsere Lust auf einen Ausflug zum Hort der Elfen, eine Stunde hin, eine zurück, so gross wie die Blümchen am Laki. Alternativen bietet Egilsstadir ganz viele: Reiten, Pedalo fahren, Wandern… und ein Heimatmuseum. Nach isländischer Manier öffnet dieses aber erst um 11 Uhr und zu dieser Zeit wollen wir eigentlich schon über alle Berge sein.

 

Wir machen uns also auf den Weg zum Hort der Elfen und vielerlei Vögel, irgendwo an der Küste. Was der Reiseführer aber nicht erwähnt: Die Strasse ist ungeteert. Nach einem netten Teil durch die grüne Ebene geht es eine steile und kurvige Passstraße hinauf und einen Moment befürchten wir, von den tief hängenden Wolken verschluckt zu werden, von der Strasse, die diesen Namen nicht verdient hat, abzukommen und unsere Tage elendiglich an diesen traurigen Hängen zu beenden. Doch bevor wir die Wolken erreichen, geht es zum Glück bergab, steil und ungesichert und endlich sind wir in Bakkagerdi. Ein paar verlorene Häuser an einer eisigen wind- und regengepeitschten Bucht, wo die einzige Attraktion Elizabeths Torfhütte ist.

Glauben wir. Weit gefehlt. Ein Plakat von einem Papageitaucher, ein Pfeil und schon hat uns die Neugier gepackt.

Unglaublich. Am Ende der Strasse auf verlassenen Felsen, eine Beobachtungsstation und da: Hunderte Papageitaucher, so nah, dass man glaubt, sie berühren zu können.

So unerschrocken, dass sie einfach sitzen bleiben, die auf sie gerichteten Linsen und Blicke ignorieren. Touristen so gewohnt, dass sie ihre Bruthöhlen nicht zu verteidigen brauchen – für einmal ist die Bebbin ihren Artgenossen dankbar.

 

Papageitaucher so bunt und rund wie man sie sich vorgestellt hatte. So flink, wie man es nicht gedacht hätte. Wie Schwalben jagen sie durch den Himmel und auf einmal sind sie gelandet, zielsicher und mitten unter ihresgleichen. Wir schauen und staunen und knipsen was das Zeug hält.

Plötzlich schießt vor uns ein Pfeil aus nicht ganz heiterem Himmel herunter und ist von der Erde verschluckt. Das Gras zittert leicht und dann nichts. Die Bebbin unterdrückt einen Schreckensschrei.

Nein, das war kein selbstmörderischer Akt. Gerade haben wir erlebt, wie ein Papageitaucher treffsicher in seine Bruthöhle eingetaucht ist, als wäre sie das unendliche Meer. Wie seine Landung aussieht, werden wir leider nie erfahren.

Dieses Erlebnis entschädigt uns für die gefrorenen Finger, die triefende Nase, die roten Wangen und Ohren um ein Tausendfaches, so dass wir die Rückfahrt über die nun nebelverhangene Passstraße zufrieden antreten. Zum Glück haben wir der Unlust keinen Raum gelassen!

In unserer Begeisterung nehmen wir das Museum auch gleich mit. Es ist klein, staubig vom vielen alten Holz, Holzhütte, Holzbetten, Holzwerkzeug, Holzbehälter – in einem Land, das heute mühsam aufforstet, wo es nur geht, ganz überraschend. Im 19. Jahrhundert lebte es sich in Island genau so schlecht wie überall im Norden Europas. Rauchige, feuchte Torfhütten, wenig Licht, kratzige Wolle, und als einzige Entschädigung Geschichten, immer wieder Geschichten, aus der Bibel, aus dem Leben und jenem der Geister.

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