Das Edinburgh der Südhalbkugel

Das Edinburgh der Südhalbkugel

Wir sind in Dunedin, an der Ostküste der Südinsel angekommen. Dunedin ist der gälische Name für Edinburgh und ist Programm. Als schottische Siedler hier landeten, fühlten sie sich wie im Paradies. Hügel, das Meer. Eine geschützte Bucht. Es fühlte sich wie zuhause an. Und damit auch alles wie zuhause wurde, schlugen sie zuerst mal die ganze üppige Vegetation kahl und ersetzten sie durch Schafe. Dass das ein Riesenfehler war, merkten sie erst später. Sie hatten nicht mit dem Wind gerechnet. Und deshalb mussten sie anschliessend mühsam Bäume importieren: Zypressen aus Kalifornien. Sie hätten es einfacher haben können…

Alles hier erinnert an die schottische Heimat. Es gibt eine Princes Street, eine George Street, die Schulmädchen tragen Röcke mit Tartanmuster und die Häuser sind – wie im alten Teil Edinburghs – am Hang gebaut. 

Nach Einschätzung der Bebbin war aber der heimliche Grund, weshalb sich die ersten Siedler der Südinsel hier sofort heimisch fühlten, sicher das Wetter. „Four seasons in one day“, um unsere sehr sympathische Reiseleiterin für einen Tag zu zitieren.

Dunedin hatte früher wie Queenstown vom Goldfieber profitiert. Die Stadt expandierte rasch und baute sich sogar einen prächtigen Bahnhof. Doch wie wir auch schon festgestellt haben, sind die Neuseeländer keine begeisterten Bahnfahrer und so wurde der mit 100 Zügen am Tag einst verkehrsreichste Bahnhof von ganz Neuseeland immer stiller. In der grossen Halle mit den schönen Bodenmosaiken sind die Schritte der heutigen Touristen nur noch ein Echo vergangenen Glanzes.

Auch der Pfiff des Bahnhofsvorstehers ist verklungen. Stattdessen werden auf dem riesigen Bahnsteig heute Modeschauen veranstaltet… Wobei die Mode, welche die Bebbin in den Schaufenstern erspäht hat, ihrer Meinung nach nicht einmal für einen ehemaligen Banhsteig reichen würde.

Dunedin lebt jedoch nicht nur von der Vergangenheit. Die Statdt hat etwa 134’00 Einwohner und davon 20’000 Studenten. Sie ist nämlich stolze Besitzerin der ältesten Universität des Landes, der University of Otago, die 1869 gegründet wurde. Und auch der einzigen Zahnmedizinischen Fakultät Neuseelands. Bei all den Süssigkeiten, die wir in Cafés und Läden gesehen haben und die wir uns ein, zwei Mal angetan haben, wäre vielleicht eine weitere solche Fakultät im Land vermutlich nicht zu viel verlangt.

Die Studenten mögen sich geehrt fühlen, dort zu studieren. Aber das ändert nichts daran, dass sie sich wie alle Studenten der Welt überteuerte und ziemlich baufällige Unterkünfte teilen müssen. Sie nehmen das aber mit einer guten Prise Humor.

Die Stadt hat noch was, was andere nicht haben: Die steilste Strasse der Welt, die Baldwin Street, die auch im Guinnes Buch der Rekorde verzeichnet ist. Nun ist es so, dass auch andere Orte sich mit der steilsten Strasse brüsteten. Dunedin verlor den Titel! Das konnte die Stadt nicht auf sich sitzen lassen. Es wurden neue Messungen verlangt und siehe da: Die Vermesser hatten wohl einen schlechten Tag gehabt. Dunedin gewann den Titel zurück und hat ihn bis zum heutigen Tag gehalten. Für die Kenner: Die Strasse hat eine Steigung von knapp 35% und auch wenn die Bebbin diese verewigt hat, kann sie das Gefühl natürlich nicht übermitteln, das sie beim hochsteigen ergriff. Das Herz pumpt was das Zeug hält. Die Lunge droht zu kollabieren. Es ist steil. So steil, dass selbst die Häuser schräg aussehen.

 

Ein Letztes will uns die Reiseleiterin in Dunedin nicht vorenthalten. Den Botanischen Garten und seine Rhododendren. Die Bebbin und der Meenzer sind zu höflich um abzuwinken. Rhododendren haben wir im Park im Grünen bei Basel auch. Und in gewissen Vorgärten der Nachbarschaft.

Nun, das war zu klein(-schweizerisch) gesehen. Vielleicht haben die Einen oder Anderen unter Euch solche Exemplare schon gesehen. Für uns war das eine Premiere. Die Bebbin war hin und weg. Und damit die Grössenverhältnisse klar sind …

Aber die Zeit drängt, denn wir haben noch was vor. Das Albatros-Center am anderen Ende der Otago-Halbinsel. Also ab in den Van und weiter die Küste entlang nach Süden.

Was wie ein verrosteter Milcheimer aussieht, aus welchem nicht mal die hungrigste Katze was rauschschlecken würde, ist der Briefkasten einer Farmerfamilie. Bei den hiesigen Wetterverhältnisssen wäre zumindest ein Eimerdeckel noch von Vorteil.

Unterwegs treffen wir auf eine ganze Gruppe besonderer Vögel.

Und dann kommt der ersehnte Moment, das Ziel der einstündigen Fahrt. Albatrosse. Wer hat die nicht auch schon in Tier-Dokumentarfilmen gesehen? Riesig, Eine Spannweite von drei Metern. Das ozeanische Gegenstück zu unseren Adlern, sozusagen. Nur, dass sie sehr viel mehr Ausdauer haben und die meisten Jahre ihres Lebens fliegend und fischend verbringen. Sie kommen nur zum Paaren und Brüten an Land. Der Meenzer kann nicht verstehen, dass sie sich nicht auch mal ausruhen möchten. Was kann man gegen ein paar weiche Grasbüschel, einen festen Boden unter den Füssen einzuwenden haben? 

Wir sind also an der Albatros-Beobachtungs und -Pflegestation angekommen. Lernen in einem kurzweiligen Film zunächst alles über diese erstaunlichen Vögel. Erfahren, dass es hier vielleicht doch Schlangen gibt und Löffler. Dann geht es auf einem eingezäunten Weg raus auf die Wiese.

Nun, die gute Nachricht: Es ist Brutzeit.

Die weniger gute Nachricht  Die Partner sind gerade ausser Haus und haben nicht auf uns gewartet, um ihre Segelkünste vorzuführen.

Deshalb hat die Bebbin sich den Link der Live Camera gemerkt und unten eingefügt. Dort könnt Ihr Tag für Tag miterleben, wie gebrütet und hoffentlich auch erfolgreich geschlüpft und erzogen wird.

Albatrosse Live Cam

Und für die, die nicht so recht wissen, was sie sich unter einem Albatros vorstellen sollen:

Ach, sorry! Das ist eine der guten Freundinnen der Bebbin, die in Horden jenseits des Zauns kreischen, zetern und offenbar auch brüten. Abstand ist empfohlen, auch wenn sie sich nicht daran halten, uns den Weg verstellen und aus bösen roten Augen misstrauisch mit den Blicken verfolgen. Die Bebbin muss zugeben, dass sie nicht traurig ist, dass sie das Gelände heil verlassen hat und dem Ziel des Ausflugs im geschützten Rahmen des Gift Shops begegnen kann.

Trotz der leisen Enttäuschung hat sich der Ausflug sehr gelohnt. Nicht nur wissen wir jetzt wie ein Albatros aussehen könnte, sondern haben auf dem Weg dorthin auch von unserer Reiseleiterin erfahren, wie man zu einer – lebenslangen! – Niederlassungsbewilligung in Neuseeland kommt. Als qualifizierte Fachkraft oder Familienangehörige. Und wenn man hier zur Welt kommt, dann kann man sich diesen Umweg auch gleich sparen.

Dafür ist es für uns vermutlich zu spät, aber in einem nächsten Leben vielleicht? Vorausgesetzt sie haben bis dahin die Zentralheizung endlich eingeführt und die Doppelverglasung auch… Wie andere sagen würden: Hier hat es noch Luft nach oben.

 

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