Abschied
Liebe Leserin, lieber Leser
Die langjährigen Leser unter Euch werden wissen: Es gibt keinen Reisebericht ohne einen kleinen Rückblick und einen ordentlichen Abschied. Denn schon wieder ist es soweit. Unser Blitzurlaub ist tatsächlich vorbei. Der Meenzer ist sehr stolz. Er war noch nie in seinem Leben auf der nördlichen Halbkugel so weit südlich vorgedrungen.
Von Palma, das uns hauptsächlich mit ihrer Kathedrale und ihrem nicht so üblen Jachthafen in Erinnerung bleiben wird, geht die Fahrt ohne Halt zurück nach Genua. Wir verbringen den Tag auf See gemütlich am Pool. Und endlich läuft in Sachen Wellen was. Es sieht ganz so aus, als strecke der Hurrikan Milton die Finger nach unserer Nussschale aus. Ein eisiger Wind bläst die leeren Eisbecher davon und die Bebbin überlegt sich, nach dem Genuss der Pistazien-Nusseis-Kombination, einen Glühwein zu bestellen. Aber den gibt es hier nicht. Der kostbare Strawberry Daiqiri, den sie sich stattdessen genehmigt, passt farblich aber ganz gut, auch wenn er bei diesem Wellengang droht überzuschwappen. Selbst die hartgesottene Besatzung torkelt im Zickzack durch die Gänge. Das macht Spass, auch wenn die Wellen aus einer Höhe von 50 Metern nicht mehr so wahnsinnig beängstigend wirken. Immerhin können wir, für jene, die sich von Anfang an in weiser Voraussicht gegen diese Fahrt entschieden hatten, endlich bestätigen: Es schwankt doch.
Der Tag auf See gibt uns die Gelegenheit, die Reise Revue passieren zu lassen. Der Schreck, als uns klar wurde, dass dieses Schiff für uns bestimmt war.
Und die Freude der Bebbin, dass sie diesmal nicht in der billigen Bullaugen-Kabine hauste, sondern in einer mit Aussicht und ganz viel Gelegenheit für sportliche Betätigung. Besonders, da wir den direktesten Weg zur Zebra Bar bis heute nicht herausgefunden haben.
Von Genua haben wir zwar nur den Schiffsterminal und den Bahnhof gesehen, aber das macht nichts. Denn die andren Städte waren für uns mehr als genug aufs Mal. Wir müssen gestehen: Wir hatten da als Massentourismus-Anfänger einige Herausforderungen.
Der Herde nachlaufen und gleichzeitig fotografieren, zum Beispiel. Und so, dass nicht auch noch Millionen von Touristen aus aller Welt mit abgebildet werden und die Bebbin und den Meenzer danach wegen Verletzung des Datenschutzes ruinieren. Solltet ihr die ganze Sehenswürdigkeit bewundern wollen, dann empfehlen wir euch einen Sprung nach Marseille. Kann auch trockenen Fusses erreicht werden.
Die Bebbin hätte bei ihrem überragenden Orientierungssinn im Gewirr der Marseiller Gassen verloren gehen oder bei Notre-Dame de la Garde als Fremdenführerin enden können.
Oder bei seiner Begeisterung für das pompöse Bauwerk zu Ehren des Wassers, hätte der Meenzer baden gehen und weitere drei Stunden mit tropfendem Bart verbringen können.
In Barcelona warteten ganz andere Herausforderungen auf uns. Die eine davon lag darin, den zahlreichen geschichtlichen Ereignissen zu folgen, die der Stadtführer uns nahebringen wollte. Der Meenzer hätte ihn vielleicht mit dem Handy aufnehmen sollen. Immerhin wissen wir jetzt, dass in dieser Ecke des nicht ganz so gotischen Gotischen Viertel die Vereinigung von Aragon und Kastilien stattfand und sich Spanien – pardon dessen Staatsgrenzen – trotz aller Bemühungen aus katalanischer Seite bis heute nicht verändert hat, was die Nachbarländer bestimmt freut.
Das Risiko, von der Polizei verhaftet zu werden, weil wir, um ein Ticket für die Sagrada Familia zu ergattern, tagelang beim Meeting Point gezeltet hätten, haben wir minimiert. Wir haben kein Zelt.
Dafür einen ausgesprochenen Sinn für Teamarbeit. Während der Meenzer sich ums Grosse Ganze kümmert, konzentriert sich die Bebbin aufs Detail. Und nein, auch wenn sie sehr lecker aussehen, sind das keine Eiskugeln…
Wir springen gleich nach Valencia. Die Bebbin, die ein Mal als Jugendliche auf dem Weg in die Strandferien durch diese Stadt gefahren war, war zunächst etwas skeptisch. Schäbige Häuser, Menschen, die aus lauter Verzweiflung an den Ampeln Windschutzscheiben putzten. Keine besonders schöne Erinnerung.
Aber das war gestern. Oder eher vor-vorgestern. Wie dieses stolze Stadttor.
Und im Kontrast dazu ein ultra-modernes architektonisches Kunstwerk der anderen Art. Ein Becken, das in Basels Fussballstadion passen würde und als Olympia-Becken eine weit grandiosere Zukunft hätte als die lokale Fussballmannschaft sich jemals träumen könnte.
Hier hätte die Bebbin die Welt vergessen und den Bus verpassen können.
Und hätte in der mittelmeergotischen Kathedrale unter dem Schutz dieser beiden auf die nächste Ausflugsgruppe warten müssen. Und hätte womöglich nicht nur die valencianische Markthalle, die wir Euch wärmstens ans Herz legen, verpasst, sondern auch noch den letzten Höhepunkt der Reise.
Wir haben den Drachen ja nicht zu Gesicht bekommen. Aber wie jedes Kind weiss, bedeutet das noch lange nicht, dass es keinen gäbe. Vielleicht hat er sein Spiegelbild im Martel-See gesehen und hat entschieden, dass er zu hässlich war und ihn deshalb kein Mensch je erblicken würde. Ausser, es würde sich um die Liebe seines Lebens handeln. Aber da verwechselt die Bebbin vermutlich was. Wahrscheinlich war er einfach nur auf einer Kreuzfahrt.
Da der Drache also weder die Bebbin noch sonst eine junge hübsche Touristin in die Untergründe seiner tropfenden Behausung mitreissen konnte, bestand für den Meenzer die Herausforderung darin, die zahllosen Treppenstufen heil hinter sich zu bringen und das spektakulärste Bild des Jahres zu schiessen, was ihm klar gelungen ist.
Und mit diesem einzigartigen Bild ziehen wir ein letztes Fazit: Ihr habt es vermutlich geahnt und jetzt ist es offiziell. Unsere nächste Kreuzfahrt findet höchstens auf der Basler Fähre statt.
„Bis 300 Passagiere, inkl. Besatzung ginge aber noch, oder?“, fragt die Bebbin ihren Meenzer und hakt sich schmeichelnd bei ihm ein, als sie ein letztes Mal von Bord gehen.
„Wie wär’s mit einer Flussfahrt auf der Donau“, antwortet er, einen träumerischen Ausdruck im Gesicht.
Es besteht also ein echtes Risiko, dass Ihr Euch wieder einmal auf einem Schiff wiederfindet. Bis dahin bleibt uns, uns von Euch zu verabschieden und zu hoffen, dass Ihr an Berichten und Bildern Freude hattet.
Bis zum nächsten Mal,
Eure Bebbin und Eurer Meenzer
2 Gedanken zu „Abschied“
Schade, dass Euer Kurztrip schon vorbei ist. Eine tolle Überraschung war er auf jeden Fall.
Besonders an Barcelona habe ich selbst auch noch schöne Erinnerungen.
Ich wünsche Euch einen schönen Herbst in der schweizer Heimat und freue mich schon auf
Eure nächste längere oder kürzere Reise.
Viele Grüße
Gerald
Merci, Carine, pour tes récits toujours très divertissants.
Bonne rentrée et à bientôt