Ab ans Meer

Ab ans Meer

Auckland ist schön, aber ein Hafen ist kein Meer. Deshalb geht es nach der knappen Eingewöhnungsphase jetzt weiter: Die Coromandel-Halbinsel befindet sich nur 190 km nordöstlich von Auckland entfernt.

Die ersten Kilometer schaffen wir, ohne dass der fahrerprobte Meenzer uns in den Graben oder schlimmer noch in einen Geisterfahrer manövriert. Doch diese Gewöhnungsphase ist in einer millionenstädtischen Umgebung ganz schön heftig. Die Stimmung an diesem Morgen ist etwas angespannt. Hundertprozentige Konzentration ist gefragt – auf beiden Seiten des Schaltknüppels. Etliche Male geht der Scheibenwischer an, obwohl das Wetter nicht trockener sein könnte. Der Meenzer flucht unüberhörbar. „Scheisskram, warum ist der Scheibenwischer, dort wo der Blinker sein sollte??“

Scheibenwischer statt Blinker, das ist noch das kleinste Problem. Brenzliger wird es auf der malerischen, aber kurvenreichsten und hubbeligsten Strasse der Welt, wo links von uns der Abgrund gähnt. Unter uns das Meer, sehr nass, tief und kalt.

Die Bebbin enthält sich zuerst eines Kommentars. Aber, als die Warnvorrichtung zum gefühlt hundertsten Mal piepst, weil wir zwar links fahren müssen, aber die linke weisse Linie unter unserem Wagen zu verschwinden droht, platzt es doch aus ihr heraus: „Denkst du daran? Die Vollkasko-Versicherung deckt den Schaden nicht, wenn wir uns in den Abgrund fahren.“ Den Autoschaden, natürlich. Das mit der Versicherung stimmt zwar, aber sie kann von Glück reden, dass sie in diesem Moment nicht samt Rucksack und Koffer an einer der zahlreichen malerischen und sehr menschenleeren Buchten ausgesetzt wird.

Wir halten durch, belohnt durch den einen oder anderen Lookout, an dem die Scheibenwischer, Blinker und Leitlinien durch gewöhnliche Touristenherausforderungen ersetzt werden. Der Autofokus streikt. Die Berge sind zu flach und das Meer so weit entfernt.

Wie viele Stunden wir für diese läppischen 190 km brauchen? Ohne Pause gerechnet, versteht sich. 3 1/2 Stunden! Aber endlich sind wir da.

Whitianga hat alles, was ein Urlauberherz sich wünschen kann. Einen Sandstrand ohne Ende, Palmen wie in Nizza. 

Einen Yachthafen mit Booten, bei denen wir uns höchstens das Beiboot leisten könnten. Vulkane auf dem Land und im Wasser – momentan nicht aktiv, aber was nicht ist, kann noch werden.

Am folgenden Morgen geht es – nach einem überraschenden Frühstück aus Waffeln mit Speck und Schokoladeneis – vielleicht hätte die Bebbin die Karte besser lesen sollen? – endlich aufs Wasser. Die Bebbin überzieht sich alles, was ihr Koffer hergibt. Pullover, Fleecejacke, Schal und Windjacke.

Die zweistündige Fahrt ist grandios. Falsche Pinguine sitzen unter den Klippen.

Eine zerklüftete Welt schwankt an uns vorbei.

Höhlen, in die wir hineinfahren können.

Und die Cathedral Cove, deren Namen vom gotisch anmutenden Torbogen inspiriert ist. 

Nicht zuletzt Fische mit blauen Flossen – Schnapper genannt.

Die Bebbin ist hin und weg – und mittlerweile zum Eiszapfen gefroren. Ein antarktisches Gefühl nimmt von ihr Besitz. Einen verwirrten Moment lang wünscht sie sich, sie wäre ein Pinguin.

Der Pinguin und ihr Begleiter kehren ins Motel zurück, um sich bei einer Tasse Tee aufzuwärmen. Und weil der Fahrtwind weg ist und die Sonne scheint, setzen wir uns auf der Terrasse und lauschen den Vogelstimmen. Ein Palmenhausfeeling ergreift uns. Der Vogel, dessen Stimme wie eine Blockflöte klingt, hat es der Bebbin besonders angetan, auch wenn er noch ein paar Töne hinzulernen könnte.

Doch schon müssen wir uns vom Meer verabschieden. Denn morgen geht es weiter: zum Herr der Ringe und danach zu den brodelnden Welten prähistorischer Zeit.

3 Gedanken zu „Ab ans Meer

  1. Absolut grandios! Wenn keine Pinguine, was denn?? Und der Mix von Palmen und Tannenbäumen ist besonders pikant …
    Die 24 Stunden im Flugi haben sich schon jetzt definitiv gelohnt!?! ❤️❤️
    Weiter so 😂 und sichere Fahrt!

  2. „Warum ist der Scheibenwischer da, wo der Blinker sein sollte?“
    Egal, ob es an der Rechtssteuerung liegt oder daran, dass Ihr jetzt auf der Südhalbkugel seid, ich wünsche Euch einen schönen Urlaub und freue mich auf Eure Berichte und Bilder.
    Viele Grüße
    Gerald

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