Tag der Eroberungen

Tag der Eroberungen

 

Liebe Leserin, lieber Leser

Die Geschichte des Waadtlands ist von Eroberungen geprägt. Die Savoyarden, die Berner, die Araber und nun wir.

Endlich sind wir nach vielen Umwegen über das waadtländische Nirgendwo – z.B. Romainmôtier mit der ältesten romanischen Kirche der Schweiz,

den meisten zur Essenszeit geschlossenen Restaurants der Schweiz

und dem Euch bereits bekannten Escape-Room-Hotel an den Genfersee vorgedrungen. Mutig kämpfen wir uns durch die Fremdenführer bis an die Kasse des Schlosses Chillon, befreien den armen politischen Gefangenen Bonivard aus seinem Verlies ohne Sicht auf den See – in Gedanken versteht sich, denn die Berner waren da schneller.

Ohne Rücksicht auf Verluste folgen wir dem Audioguide über zahllose Treppen und ziehen uns – wie die Burgherren damals – bis in den Wehrturm zurück, wo wir die feindlichen Touristentruppen ohne mit der Wimper zu zucken erwarten.

Das Gute an dieser Jahreszeit: Die Feinde sind bereits zu Hause. Das Schloss ergibt sich kampflos, wir brauchen weder Pech noch Gemüsesuppe über die Leute zu giessen. Sorry, das mit der Gemüsesuppe kommt ja noch.

Ganz besonders angetan hat es uns der Turm, aus dem man eine ungehinderte Sicht auf die Hochhäuser von Montreux, die Autobahn und die Berge des Rhonetals geniessen kann, sofern man sich noch bücken mag.

Die beste Sicht hat man jedoch, wenn man den Schloss-Shop in einem geordneten Rückzug verlassen hat…

Unser Rückzug dauert lange. 50 Minuten – mit der Zahnradbahn. Wir tuckern und rattern den Berg hoch, dass dem Meenzer Angst und Bange wird. Einmal ist der See links, einmal rechts. Es fehlt nur das Kirchlein von Wassen und man würde sich am Gotthard statt am Genfersee wähnen.

Hoch über uns ragt eine Zahnreihe aus Fels, wie von einem riesigen Bergmonster. Der See schrumpft zu Taschentuchgrösse und verschwindet hiter der letzten Biegung. Übrig bleiben die Rochers de Naye, der Himmel über ihnen, das Murmeltier und wir.

Böse Zungen würden behaupten, dass wir uns gleich in die einzige Bergbeiz gestürzt haben. Aber weit gefehlt. Diese letzte Eroberung muss sein.

Und so kehren wir glücklich, durchgerüttelt und ziemlich erledigt in die Niederungen des alten Montreux zurück, wo wir als letzte Tat den Caveau des Vignerons und seine Pilzschnitten erobern.

Ein Gedanke zu „Tag der Eroberungen

  1. Heute waren ganz besonders die Architekturaufnahmen nach meinem Geschmack.
    Vielen Dank dafür. Ich wünsche Euch eine gute Weiterreise und ein schönes Wochenende.

Schreibe einen Kommentar zu Gerald F. W. Müller Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert