I love Barcelona, oder?

I love Barcelona, oder?

Ein neuer massentouristischer Tag ist angebrochen. Um 8.45 Uhr stehen wir – keine Sekunde zu früh – am Versammlungsort, natürlich ganz am anderen Ende des Schiffes. Haben wir es schon erwähnt? Unsere Balkonkabine befindet sich beim Heck und die Events finden natürlich fast ausnahmslos in Bugnähe statt. Deshalb hat die Bebbin bisher darauf verzichtet, sich auf die Suche nach dem nirgends angegebenen Fitsnesssbereich zu machen. Man kann es mit der Gesundheit auch übertreiben.

Das Wetter ist freundlich, aber beim Austritt aus dem Terminal schlägt uns eine unerwartete Waschküchenatmosphäre entgegen. Die Bebbin wird mit einem Schlag in die lang vergangen Zeiten ihrer Strandferien zurückversetzt. Einen sehnsüchtigen Augenblick lang wünscht sie sich in die kühle Welt der Eisbären zurück. Auch der Meenzer, der im noch nicht tiefgekühlten Bus still leidet, hätte nichts gegen einen kurzen Tausch mit einem Inuit gehabt.

30 Jahre ist es her, als die Bebbin zum ersten und letzten Mal in Barcelona war. Die Erinnerungen sind verschwommen und übrig geblieben sind nur ein paar Schlagwörter. Das Gotische Viertel zum Beispiel, das sie zusammen mit dem Meenzer und der Gruppe 2 heute zu Fuss erkunden darf. Als ältestes Viertel der Stadt hat es seinen Reiz. Gerade in Waschküchenperioden haben die hohen Häuser und engen Gassen einen erheblichen Vorteil. Keine Sonnenstrahl würde sich jemals darin wagen.

Von ein paar Sonnenstrahlen abgesehen, die einige überraschende Oasen hervorzaubern und manchem Stadtgärtner als Vorbild dienen könnte.

Übrigens stellt sich heraus, dass das Gotische Viertel und sein Name eine Erfindung des 19. Jahrhunderts sind. Man wollte vermutlich mehr Touristen anlocken.

Was so prächtig gotisch aussieht ist nur neo. Aber wir geben zu, dass auch Neogotik ihren Charme hat, ganz besonders für Fassaden. Manches Schweizer Einfamilien-Reihenhaus würde sich mit ein paar Türmchen und Schnitzereien viel besser machen.

Als Drachenfan würde der Meenzer ganz klar ein Relief vom Heiligen Georg vorziehen, der hier noch ganz andere Wunder vollbracht hat. Vor vielen Jahrhunderten terrorisierte ein Drachen die Bewohner der Stadt. Täglich musste ein Mensch ausgelost und ihm zum Opfer gebracht werden. Als es aber eines Tages die Prinzessin traf, war fertig lustig. Mutig stürzte sich der gute Sant Jordi auf den Drachen, rettete die Prinzessin und gilt seither auch gleich als Schutzpatron aller Catalanen.

Neben dem Heiligen Georg verfügt Barcelona noch über anderes Schutzpersonal. In Kreuzgängen zum Beispiel. Und die Geschichte geht so: Eines Tages geriet ein Kloster in Brand. Zum Glück hatten die Mönche ein paar künftige Weihnachtsgänse, die sofort Alarm schlugen. Und seither hält die Stadt hier ein paar Gänse als Wachpersonal. Ob die damaligen Tiere Weihnachten überlebten,  ist nicht überliefert.

Kreuzgänge sind nicht die einzigen Innenhöfe mit Charme, falls man einen Blick darin erhaschen kann. Und schon schwärmt die Bebbin von Cordoba, das Ihr unbedingt mal sehen solltet, aber stimmt, wir sind ja immer noch in der Hauptstadt der Catalanen.

Aber wer Barcelona sagt, meint natürlich noch ganz was Anderes. Das verrückte Bauvorhaben eines verrückten oder genialen – je nach Sichtweise – Architekten. Und er wusste schon damals, dass sein Monument vermutlich erst im nächsten Jahrtausend beendet sein würde, denn es gibt zwei kleine Probleme. Das Geld. Und die fehlenden Baupläne, die in seinem Kopf verblieben sind. Ein bisschen wie alle heutigen Bauvorhaben, sei es ein Flughafen, ein Bahnhof oder auch nur ein neues Zentrum für die Forschung.

Wer von Euch schon mal hier war, kann es nur ahnen. Mekka muss besser organisiert sein. Gruppe  2 pilgert also fast ohne Fotostopp inmitten zahlloser Gruppen aus allen Kontinenten einmal rund um das, was scheinbar auch von Innen besichtigt werden könnte. Gesetzt den Fall, man hat die Tickets bereits vor 30 Jahren online gebucht, was die Bebbin damals leider versäumte.

Wir wollen Euch diese aussergewöhnliche und von ein paar Kränen malerisch umrahmte Baustelle also nicht vorenthalten. 

Und noch ein kleines nettes Detail dazu, das dem Meenzer ganz besonders ins Auge gesprungen ist. Die mathematisch Begabten unter Euch werden es gleich erkennen. Dieses Quadrat ist magisch. Egal ob vertikal, horizontal oder diagonal, die Summe ergibt immer 33. Eine Schnapszahl? Vielleicht. Es ist aber auch das Alter, das Jesus erreichte.

Völlig erledigt von so viel Gestein, Geschichten und Kilometern Fussmarsches erreichen wir endlich die Ruhe und Gemütlichkeit unseres schwimmenden Zuhauses, in welchem Gaudis Humor ein Plätzchen verdient hätte. Und wir sind uns noch nicht ganz schlüssig, ob wir Barcelona zum ersten, zweiten oder zum letzten Mal gesehen haben.

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