Die Highlands!
Es ist soweit.
Wir haben einen sehr langen Tag vor uns. Sechs Stunden Fahrtzeit mitten durch die Highlands und dann die Küste entlang. Unser B&B-Gastgeber verabschiedet uns mit einem aufmunternden Schulterklopfen. Denn Gairloch, unsere Destination liegt satte 370 km an der Westküste Schottlands. Die Besichtichtigungen sind nicht einberechnet. Museen, Gärten und ganz besonders die Smoo Cave mit ihren einzigartigen drei Kammern, wovon eine über einen Schacht, die andere über einen Holzsteg und die dritte nur mit dem Boot erreicht werden kann. Hoffentlich war das zu Höhlenbewohnerzeiten nicht die einzige Unterkunft der Gegend mit noch freien Betten.
Die Strasse, die diesen Namen kaum verdient, führt uns in zahlreichen Kurven in die Berge. Wir fühlen uns fast wie zuhause. Die Bäume schrumpfen zu Gebüsch, die Gebüsche zu Gras, das Gras zu Wasser. Wasser ist hier ein Dauerthema. Von oben oder von unten, egal, es ist überall.
Doch irgendwann hat auch Petrus Erbarmen mit den armen Touristen, die sich über die löchrigen, unbefestigten Strassen des Landes quälen. Ist es Brexit und der Mangel an qualifizierter Strassen-Fachkraft oder einfach nur eine schottische Prioritätensetzung? Wir werden es nie erfahren. Wer es schafft, allen Löchern auszuweichen, ohne unerwünschten Kontakt mit dem Gegenverkehr aufzunehmen, der hat eine Medaille tausendmal verdient. Oder zumindest ein Gratisbier.
Nach den letzten Tropfen Regen klart es endlich auf. Die Landschaft ist grandios. Kein Auto stört die Sicht. Kein Baum, kein Haus. Das Nichts dehnt sich Ton in Ton bis an den Horizont. Ein Tupfer Blau, ein Flecken windgeschütteltes Gelb oder Braun, und viel Grün. Der Himmel spiegelt sich in den Löchern, pardon, Lochs. Was wollen wir mehr?
„Mehr Autobahnen“, knurrt der Meenzer, der sich an das Steuerrad klammert, wie ein Schotte an sein Pint. Ein Moment der Unaufmerksamkeit und wir würden im Graben landen, wenn es einen gäbe.
Tun wir dank der besonderen Fahrkünste des Meenzers nicht und zur Mittagszeit taucht wie aus dem Nichts ein Café am Strassenrand auf. Wir geniessen die Suppe, den kurzen Schwatz mit der netten Besitzerin, bewundern die handgefertigten Schmuckstücke, Taschen und ähnliches, verabschieden uns und steigen ein.
Der Meenzer startet den Motor. Auf dem Display poppt eine Meldung auf, technischer Art. Wir starren einander an. Der linke vordere Reifen. „Holen Sie sich Hilfe“ besagt die Meldung. Wir steigen aus. Starren den schlappen Reifen an. Um es kurz zu machen: Der Reifen hat ein Problem und wir auch. Die Bebbin muss alle ihre Englischkenntnisse aufbringen. Ein Telefongespräch mit dem Notdienst der Mietwagenfirma. Die Analyse der Situation mit der netten Wirtin, die den Schaden begutachtet und einen bekannten Garagisten der Gegend kennt. Die gute Nachricht: Er hat einen passenden Reifen. Die schlechte: Er muss zuerst irgendwo im Nirgendwo jemanden abschleppen. Dann sind wir dran.
„Das kann ein paar Stunden dauern“, sagt die Cafébesitzerin tiefenentspannt und schenkt uns einen Kaffee ein. „Machen Sie es sich hier bequem.“
Machen wir. Eine Stunde, zwei Stunden. Die Bebbin hat inzwischen den letzten Reisebericht pfannenfertig geschrieben, einen Tee bestellt und den halben Laden leergekauft. Der Meenzer hat die Landschaft ausgiebig bewundert.
Endlich erscheint der rettende Engel. Doch: Seine Garage befindet sich jenseits des Lochs, dort wo wir gerade hergekommen waren. 40 km lang tuckern wir mit einem halb aufgeblasenen Reifen ihm nach und trauen unseren Augen nicht. Eine Garage??
Ihr werdet es kaum glauben, aber um 17 Uhr sind wir tatsächlich mit neuem Reifen wieder startklar. Nur noch drei Stunden Fahrt… ganz ohne Besichtigungsstress.
Die gute Nachricht: Wir sind angekommen. Die schlechtere: Wir essen um 9 Uhr abends ein lahmes Sandwich aus dem Lidl vor einem enttäuschenden Fussballmatch.
Ein Abstecher in die Highlands lohnt sich trotzdem, ehrlich. Wir empfehlen, genügend Proviant, ein Wörterbuch und ganz besonders einen Ersatzreifen mitzunehmen. Dann seid ihr für alle Eventualitäten bereit. Und die Smoo Cave, die wir besichtigen wollten? Hier findet ihr Bilder, die auch nicht ganz schlecht sind…
3 Gedanken zu „Die Highlands!“
Vielen Dank für das Anhängen des Links um einen Einblick in die Smoo Cave zu erhalten. Wunderschön und schade konntet ihr es nicht live erkundigen. Jedoch scheint ein Radwechsel ja eine lebensnotwendige Sache auf euren Reisen zu sein und somit habt ihr wahrscheinlich mit dieser Erfahrung so oder so gewonnen und es wir euch auf allen weiteren Touren wohl einen grossen Dienst erweisen, sofern das Reserverad auch mit euch reist🚘😉
Nei!!! Sone sh…….!😱😱😱
Aber Glück im Unglück hattet ihr allemal: grad vor dem Cafe am Strassenrand und nicht einfach im Nichts!!!
Cave hin oder her, Sandwich schlaff oder nicht, Fussball mit oder ohne pep: ihr seid heil angekommen und die Heil-ands sind abgehakt…
Ihr müsst uns aber auch alles nachmachen! Das mit dem kaputten Reifen und der Warterei kommt uns nur allzu bekannt vor. 😉